Karoline – Presse

Dramatische Ereignisse im Schloss

Gaggenau-Freiolsheim (es). Die helle Vollmondnacht über Freiolsheim schien am Samstagabend wie geschaffen für die Premiere von „Karoline“, des märchenhaften Theaterstückes mit viel Musik. In gespenstischen Nebelschwaden treiben just zur Geisterstunde auf der Bühne der Mahlberghalle unheimliche Dämonen und Hexen, Gnomen und Geister raunend ihr Unwesen. Böse kichernd umtanzen sie einen Hexenkessel, in dem über loderndem Feuer „Drachenblut und Schlangenhaut“ brodeln. In die gruselige Szene mischt sich der wehmütige Gesang der „Weißen Frau“ (Doris Knuth-Margraf) aus dem Efeuturm im Schlosspark.

Noch vor dem Morgengrauen löst sich der ganze Spuk auf. Nichtsahnend macht eine Familie anderntags mit ihren beiden Söhnen und ihrer Pflegetochter Karoline (Alexandra Timm) Ferien auf dem merkwürdigen Schloss. Eine sonderbare Haushälterin (herrlich verkörpert von Agnes Zahmel) empfängt die Gäste. Karoline, die sich von ihrer Pflegefamilie unverstanden fühlt, nutzt die Gunst der Stunde, um heimlich auszureißen. Im nächtlichen Park fühlt sie sich geradezu magisch von dem efeuumrankten Turm angezogen. Lebt dort eine verwunschene irische Prinzessin, die Harfe spielt?

Da gesellt sich Schlosskatze Luzie (Heide Glasstetter) zu Karoline und berichtet ihr von dem bösen Fluch, der auf dem Schloss lastet. Plötzlich taucht der düstere Schlossherr, der bedrohliche „Peitschen-Bodo“ (Mathias Kordges) mit seinem Gefolge, an den Händen mit Ketten gefesselten, finsteren Gesellen, auf. Wie in Trance tanzt die „Schwarze Meute“ zu den rockigen Rhythmen der Live-Band. Mit Conny Juschus (E-Gitarre), Björn Eisele (Bass), Mathias Eisele(Drums), Daniela Haas (akustische Gitarre), Andreas Paul (Keyboard) und Stefan Zelt (Oboe) bewies das versierte Sextett im Verlauf des Musicals mit seinem breiten musikalischen Spektrum Professionalität. Je nach Szene dominierten einzelne Instrumente, darunter vielfach die Oboe. Die Darsteller beeindruckten nicht nur in ihren Solorollen, sondern wussten auch ihre Gesangseinlagen souverän zu interpretieren. Die zahlreichen Scheinwerfer im vollbesetzten Saal unterstrichen wirkungsvoll Bühnengeschehen und fantasievolle Dekoration. Die gefürchtete „Graue Gräfin“ (Christina Glasstetter) hat von der Anwesenheit des „Mädchens mit dem kupferroten Haar und den smaragdgrünen Flämmchenaugen“ im Schloss erfahren und wittert Gefahr. Despotisch befiehlt sie ihren unterwürfigen Handlanger Bodo: „Wirf die Kleine ins Turmverlies zu den Ratten!“ Doch die gewitzte Schlosskatze hat ihre Augen und Ohren überall! Sie heckt mit Karoline einen raffinierten Plan aus…

Heide Glasstetter brillierte als Katze Luzie sowohl tänzerisch, als auch in Sprache, Mimik und Gestik. Alexandra Timm schien die Rolle der Karoline geradezu auf den Leib geschrieben. Christina Glasstetter als dämonische „Graue Gräfin“ ließ die Zuschauer im Saal erschaudern, während Doris Knuth-Margraf als rätselhafte „Weiße Frau“ mit wohltemperierter Stimme bestach.

Ausgezeichnet auch: der peitschenschwingende Bodo alias Mathias Kordges. Regisseur Mathias Gerstner hatte das Musical kompetent in Szene gesetzt. Und Autor und Komponist Michael Spychalski? Mehrfacher Szenenapplaus war beredtes Zeugnis seines vielfarbig schillernden modernen Märchens.

Belustigt registrierte das Publikum die wilde Verfolgungsjagd durch die Zuschauerreihen. Nach dramatischen Ereignissen – die Harfe spielt eine geheimnisvolle Rolle – werden die Schlossbewohner schließlich von dem bösen Zauber befreit. „Jungs, gebt doch mal Gas!“ fordert der übermütige Bodo die Live-Band auf. Und die lässt sich das nicht zweimal sagen. Ausgelassen wird gefeiert. Warum? . Das Geheimnis um die „Graue Gräfin“ und die „Weiße Frau“ kann in den weiteren Aufführungen, am 29. und 30. Oktober jeweils 20 Uhr, und am 31. Oktober um 16 Uhr gelüftet werden.

Minutenlanger frenetischer Applaus belohnte gleichermaßen Akteure, Regisseur, Live-Band und Autor und Komponisten, Michael Spychalski, für die überaus gelungene Uraufführung des Musicals „Karoline“.

BNN 25.10.1999

Traumhaftes Erlebnis auf Schloss Rabenstein

Gaggenau (sm) – Die Premiere geriet zum großen Wurf: Begeistert gefeiert wurde die„Musik-Theater- Werkstatt Freiolsheim“ (MTW) in der ausverkauften Mahlberghalle mit ihrem Musical „Karoline“. Karoline (Alexandra Timm) hat rotblonde Haare und grüne Augen. Seit langem lebt sie bei Onkel Artur (Ralf Schröder), Tange. Inge (Mechthild Gilbert-Rönelt) und deren Zwillingen Ingo (Monja Schröder) und Marco (Rebecca Adam). Ihre Mutter ist in Irland. Sie sehnt sich sehr nach ihr. Außerdem möchte Karoline gern Harfe spielen, wie die Mutter. Einen Tag vor Karolines 12. Geburtstag unternimmt man gemeinsam einen Ausflug nach Schloss Rabenstein. Karoline fühlt sich einsam, unverstanden und beschließt auszureißen. Vom nächtlichen Treiben der Schlossgeister, der Weißen Frau (Doris Knuth-Margraf), die im Turm traurige Lieder singt, von der Grauen Gräfin (Christina Glasstetter) und ihrem Gefolge, der Schwarzen Meute, sowie vom Schlossherrn, dem Peitschen-Bodo (Mathias Kordges, Hattingen) weiß sie nichts. Dabei hätte bereits die Bekanntschaft mit der merkwürdigen Haushälterin (Agnes Zahmel) darauf hinweisen müssen, dass in diesem Gemäuer etwas nicht stimmt. Im nächtlichen Park trifft Karoline auf eine wunderschöne Katze (Heide Glasstetter). Sie gibt ihr den Namen Luzi, ein wenig diabolisch, wie es zur Katze passt. Beide werden Freundinnen. Und eine Freundin braucht Karoline dringend, als sie erfährt, dass es an ihr liegt, den Fluch von den Gestalten der Nacht zu nehmen. Es wird nicht leicht für Karoline, sich selbst und die böse Gräfin zu bezwingen. Dennoch schafft sie es. Bodo verändert sich plötzlich, die Kreaturen der Nacht verlieren ihre Ketten, für sie geht die Sonne wieder auf und es wird ein Fest gefeiert, für „alle die, die anders sind.“ Am anderen Morgen im Schloss: War es ein Traum? Ist es Wirklichkeit? Alle, die Karoline lieben und die sie liebt, sind gekommen, auch die Mutter, die der Wei8en Frau so ähnlich sieht. Und die zweite Überraschung: Karoline bekommt eine Harfe. Alles ein Traum? Traumhaft war es in jedem Fall, angefangen von der Geschichte, über die Darsteller bis hin zum mit Liebe zum Detail gefertigten Bühnenbild. Autor Michael Spychalski schuf mit diesem musikalischen Märchen eine unerhört anspruchsvolle, vielschichtige Produktion. Sie unterhält, regt zum Nachdenken an, ist anrührend und lustig zugleich. Dieses Musical gehört zu den Produktionen, die man sich mehrmals ansehen kann, und trotzdem immer wieder etwas Neues entdeckt. Auch musikalisch war es von größter Bandbreite: Spinett und Rap passen doch gut zueinander. Beim Casting war Spychalski erstaunt, dass er für jede der acht Solorollen einen Darsteller fand, dem die Rolle auf den Leib geschrieben schien. Von einem solchen Ensemble können Autor bzw. Regisseur oft nur träumen. Bei „Karoline“ hatte er Bedenken, denn diese Rolle mit viel Text, einigen Liedern, hohem spielerischen Aufwand war eine der schwierigsten. Doch in Alexandra Timm fand er eine Idealbesetzung. Neben der Schule bewältigte sie dieses Pensum, unterstützt von ihren Eltern. Wie alle anderen Darsteller hatte Alexandra viel Spaß dabei, sich in ihre Rolle einzuleben. Ein bisschen war sie selbst Karoline, wie sie gegenüber dem BT berichtete. Allen Darstellern gebührt Lob in höchstem Maße. Die Gesamtleistung war toll, nichts wirkte aufgesetzt, auswendig gelernt, gespielt. Alles war natürlich, glaubhaft, überzeugend. Der nicht enden wollende Applaus galt dem Autor, Regisseur Matthias Gerstner, dem Ensemble auf der Bühne, den Musikern, allen Helfern hinter der Bühne, bei der Vorbereitung und im Service sowie dem Team von „A-E-Sound“, welches einsprang und die Aufführung im letzten Moment rettete, Musical-Zeit ist nochmal am 29. und 30. Oktober um 20 Uhr sowie am 31. Oktober ab 16 Uhr in der Mahlberghalle.

BT 25.10.1999

Weil die Musik das Leben ist

Eine Liebeserklärung an das Gesamtkunstwerk

Schon in der Theorie sind die Fragestellungen interessant: Kopf, Herz und Bauch oder: Intellekt, Emotionen und Vitalität – wie erreiche ich jene Ebenen im Menschen? Denn erreichen wollen wir ihn ja, den Zuschauer (und uns selbst …). Was leistet das gesprochene, was das gesungene Wort, wie wirken Bewegung und Gestik, welche Bedeutung haben Farben und Formen im Bühnenbild, und was erreiche ich mit verschiedenen Instrumental-Arrangements und anderen Klangwirkungen? Wie gesagt, schon die Theorie ist interessant. Doch weit interessanter ist die Praxis. Ich will darum von der Praxis erzählen, nämlich von der Erfahrung mit einer Musiktheater-Produktion größeren Ausmaßes. Der Ort: Freiolsheim, nicht weit von Gaggenau, 600 Einwohner. Der Zeitraum: Februar bis Oktober 1999. Die Mitwirkenden: 23 Akteure (SpielerInnen, SängerInnen, TänzerInnen) auf der Bühne, alles Amateure, alle aus Freiolsheim. Dazu eine semi-professionelle Live-Band, jede Menge Organisation im Hintergrund, dazu in der Aufführungsphase Profi-Licht und Profi-Ton. Das Stück: Ein abendfüllendes „modernes Märchen“, die alte Geschichte von Fluch und Erlösung, 90 Minuten lang, davon 50 Minuten Musik. Schon im Casting zeigte sich, dass Musik, wenn sie denn ansprechend komponiert ist und amtlich präsentiert wird, auf unvergleichliche Weise in der Lage ist, Begeisterung zu wecken. Im vorliegenden Fall gab es zum Textbuch eine sauber produzierte Demo-CD. Eine Theatergruppe existierte vor Ort nicht, die Interessenten wurden per Presse angesprochen und zusammengerufen. Bei den Treffs wurde dann jeweils die Geschichte in Kurzform vorgestellt, dazu Passagen gelesen und die Musik gespielt. Die spontane Begeisterung entstand vor allem beim Hören der Musik, auch bei Mitwirkenden, die gar keine „musikalische“ Rolle anstrebten, und obwohl die Qualität der Texte und Dialoge derer der Musik sicher ebenbürtig war. Dieser Effekt, ein affektiver „roter Faden“ gewissermaßen, zog sich durch die ganze Produktion. Die Musik wurde per Cassetten-Kopie (genehmigt durch den Autor) allen DarstellerInnen verfügbar gemacht, und alsbald zeigte sich die „Ohrwurm“-Wirkung: Mitsingen und -swingen auch der Akteure, die gerade nicht auf der Bühne probten; Intonieren der eingängigsten Lieder, sozusagen „im Rudel“ auf dem Weg nach Hause. So entfaltete die Musik im Laufe der Produktion zunächst die ihr eigene psychologische Wirkung: Die Stimmung bei den Proben wurde zunehmend locker, und gleichzeitig stellte sich eine Atmosphäre gesteigerter Sammlung ein. Das hatte natürlich positive Auswirkungen auf Arbeitslust und Arbeitsqualität – ein alter Hut unter Arbeits- und Verkaufspsychologen. Man merkte deutlich, dass schon in der Arbeit an unserem Werk das Werk selbst seine Wirkung zu entfalten begann, nämlich auf die Darsteller und auf die Mitwirkenden. Und erneut erwies sich, wie glücklich es ist, wenn in einem Werk der darstellenden Kunst die Sinne und Wahrnehmungsebenen des Menschen in umfassender Form angesprochen werden. Nun ließe sich trefflich darüber diskutieren, welche Beziehungen – harmonisch oder kontrastierend – die einzelnen beteiligten Kunstformen miteinander eingehen können, wie viele Varianten es davon gibt, welche Wirkung das alles hat – und ob nicht doch vieles Geschmacksache ist…und was modern ist und was nicht usw. Ich will das nicht tun, ich will bei unserer Produktion bleiben, und da war es uns (dem Regisseur und mir, dem musikalischen Leiter) ein Anliegen, die jeder Szene innewohnende rationale, emotionale und vitale Qualität durch ein harmonisches Ineinanderschwingen von Farben, Formen und Bewegung, von Klängen und Gesprochenem möglichst stimmig herauszuarbeiten: gleichzeitig zart und doch kraftvoll, gleichzeitig fein skizziert und doch mit breitem Pinsel gemalt. Einseitiges Betonen wollten wir vermeiden, besonders ein Hervorheben der intellektuell-rationalen Elemente. Das Ergebnis: Beeindruckende Probensituationen, tief bewegte Darsteller auf der Bühne und am Rande, und des öfteren Tränen, die sich kaum verbergen ließen und derer sich keiner schämte. Das Werk hatte uns „ergriffen“, und es war die stimmige Gesamtheit von Musik, Tanz, gesprochenem Wort undHandlung, die das bewirkte. Am Rande sei erwähnt, quasi als Nebenergebnis: Den Zuschauern bei den fünf ausverkauften Aufführungen ging’s dann später nicht anders (haufenweise zerknüllte Papiertaschentücher unter den Stühlen waren beredtes Zeugnis ihrer Ergriffenheit). Für mich war diese Produktion wieder einmal Beweis dafür, dass besonders tiefgreifende Eindrücke bei einem Bühnenstück dann möglich sind, wenn alle Bereiche und Formen der darstellenden und auch der bildenden Kunst daran teil haben und miteinander „konzertieren“. Darum auch dieses weniger wissenschaftliche als vielmehr leidenschaftliche Plädoyer, geschrieben nach einer wieder einmal beeindruckenden Erfahrung.

Michael Spychalski