Weiblicher Charme und eine Show in der Show
Neues Projekt der Musik-Theater-Werkstatt wurde mit viel Beifall bedacht
Einen Triumph feierte am Wochenende die Musik-Theater-Werkstatt in Freiolsheim mit ihrem witzig-spritzigen komödiantischen Theaterstück „Gianna mischt mit“ von Michael Spychalski. Regie führte Matthias Gerstner. Im Mittelpunkt des turbulenten Bühnengeschehens steht die resolut-temperamentvolle italienische Haushälterin Gianna (überzeugend: Anke Glasstetter), die sich vergeblich bemüht, die lebhaften Kinder (Fabian Ruff, Norman Reichert) des Musikprofessors Jeremias Bogenbruch (wunderbar altväterlich verkörpert von Herbert Grässle) von dessen Studierzimmer fernzuhalten, in dem nicht nur der Gesangsschüler Pit Pluster (ideal besetzt mit Ralf Schröder) das Interesse des Professors auf sein Musikprojekt zu wecken sucht. Auch Sandra, die Tochter des Hauses (ehrgeizig, aufmüpfig: Alexandra Timm) bittet ihren Vater, ihre neueste Rockmusikkomposition zu begutachten. Als der biedere und streng klassisch orientierte Papa sie mit ihrem vermeintlichen „Geplärre und Gekreische“ abblitzen lässt, ist die Enttäuschung groß. Da rauscht auch noch Elina, die distinguierte Gattin des Professors, herein. Die berühmte „Operndiva“ (extravagant und gekonnt hysterisch): Mechthild Gilbert-Rönelt kam soeben von ihrer Tournee zurück Gianna hat nicht nur ein Auge auf den schüchternen „Signor Pluster“ geworfen, den sie mit weiblichem Charme umgarnt, sie hat auch Mitgefühl mit der ob des väterlichen Desinteresses an ihrer Musik sehr unglücklichen Sandra. Gianna hat eine Idee mit einem fingierten Kompositionsauftrag für den (eitlen) Professor, und die beiden schmieden ein Komplott…. Spychalski ließ mit seinen Kompositionen, einer Mischung aus Rockformation und klassischen Elementen, auch viel Musik und Gesang (Chor und Solistin Doris Spychalski) in die kurzweilige Komödie einfließen. Die überaus präzise agierende Hand wusste die musikalische Stilvielfalt mit Stefan Zelt (Oboe), Peter Zimmer (Violine), Daniela Haas (akustische Gitarre), Conny Juschus (E-Gitarre), Andreas Paul (Keyboard), Isabell Großmann (Drums) und Björn Eisele (Bass) ganz ausgezeichnet zu interpretieren. Als Madame Elena ihren Gatten mit Gianna in flagranti „erwischt“ und eine Liaison vermutet, ist deren Entrüstung groß. Doch die eigentliche Überraschung steht ihr noch bevor…Im zweiten Teil des Stückes nämlich finden sich die Zuschauer im „Revue-Palast Kolibri“ wieder und erleben eine faszinierende Show in der Show! Heide Glasstetter brillierte als charmante Moderatorin, die „Fancy Cloggers“ aus Rastatt vermittelten mit ihren rasanten Stepptänzen einen Hauch „Riverdance“-Atmosphäre und „Rapperin“ Natascha Pavia und ihre Hip-Hop-Gruppe fanden ebenfalls viel Beifall. „Sheetal“, (Sabine Reiter) und „Ramu“ (André Zimmermann) in exotischen Gewändern hypnotisierten und setzten bei mystischer Musik die physikalischen Gesetze außer Kraft. „Natascha“ alias Agnes Zahmel verblüffte mit Illusionen und ungewöhnlichen Zaubertricks. Unter den Gästen: Professor Jeremias Bogenbruch, der nicht nur völlig überrascht ist ob „seiner“ rockig und fetzig interpretierten Komposition, sondern ganz besonders ob der beiden exzellenten Sängerinnen, Mehr wird natürlich nicht verraten! Weitere Aufführungstermine sind am Freitag, 18.,und Samstag, 19. Mai, jeweils 20 Uhr, sowie am Sonntag, 20. Mai, um 16 Uhr in der Mahlberghalle Freiolsheim.
BNN 14.05.2001
Erfrischendes mit südlichem Flair
Gaggenau (mhr) – Sonne draußen vor der Tür, lebhafte, nicht eben leise Turbulenzen drinnen: So oder ähnlich könnte es sich in jedem italienischen Familienclan zutragen. Nur: Man befand sich keineswegs im Stiefelland, sondern in der gut besuchten badischen Mahlberghalle und einem imaginären deutschen Professorenhaushalt. Mittendrin in der zweiten Produktion der Musik-Theater-Werkstatt (MTW) Freiolsheim „Gianna mischt mit“. Und mittendrin in einem prallen, frischen Familientheater um Musik, Show und besagte Gianna.Porca Miseria“ stöhnt eben diese (komisch, quirlig, direkt: Anke Glasstetter), „es gibt nur Verrückte in diesem Haus.“ Womit sie, Italienerin, Haushälterin und Allroundtherapeutin in einem, nicht ganz unrecht hat. Angefangen bei ihrem Arbeitgeber Jeremias Bogenbruch (zerzaust-weltfremd: Herbert Grässle), seines Zeichens Musikprofessor mit starkem Hang zur Klassik. Gefolgt von seiner mitunter ziemlich hysterischen Ehehälfte Elina (glaubhaft: Mechthild Gilbert-Rönelt), einer erfolgreichen Operndiva, die bevorzugt durch Abwesenheit glänzt. Max und Mathias, die beiden männlichen Sprösslinge der Familie hat Gianna im Griff, mit Sandra (aufmüpfig: Alexandra Timm), der rockseligen Tochter des Hauses, verbindet sie eine tiefe Freundschaft. Für Pit Pluster (mimisch hinreißend schüchtern: Ralf Schröder) empfindet sie anders – wider Willen und als Frau… Alles unter einen Hut zu bringen, kostet Kraft und erfordert Listigkeit mischt aber eine wie Gianna mit, wird es sicherlich gelingen. Besonders dann, wenn der musikalische „Gianna“-Leiter, Texter und Komponist Michael Spychalski sowie die bewährte Regiehand von Matthias Gerstner mit im Spiel sind. Ihr Einfluss steht für schauspielerische Qualität, Eigenverantwortung und den Einsatz aller Kräfte. Und genau das macht auch die „Gianna mischt mit -Wirkung aus. Nämlich das Theater im Theater, die Show in der Show, die unmittelbar und hautnah transportiert werden – fühlbar, hörbar, begreifbar. Mittels einer tollen Live-Band, die sich, stilsicher in den Regionen des Jazz-Rock über den Swing bis, hin zum Barock bewegt. Mittels eines mehrstimmigen Chores, der seine Warteposition in einer fingierten Bar bezieht, angeführt vom kraftvoll-warmen Timbre einer Solistin wie Doris Spychalslki. Das Besondere an der zweiten MTW-Veranstaltung indes ist seine Komplexität. Das Theater im Theater, die Show in der Show. Zu der die Rastatter Fancy Cloggers mit ihren furiosen Stepp-Variationen ebenso ihren Beitrag leisten wie die Hip-Hop-Goldskin Sisters mit Rap-Göre Natascha. Um sich nahtlos in den Unterhaltungsreigen im Revuetempel „Kolibri“ einzureihen mit namensverwandter Tüchermagie sowie Hypnose àla Sheetal und Ramu. Und nicht zuletzt mit Hilfe der Moderatorin Heide Glasstetter samt zweier grüngoldiger Gehilfinnen ein musikalisches Verständigungsproblem mit magischen Kräften angingen. Gianna und Pit jedenfalls mischen weiterhin mit– mit Gefühl und in italienischen Verständigungsschritten. Die lassen nicht locker. Tipp: Halten wir uns an ihr Vorbild. Denn diese multiple erfrischende Kost mit südlichem Flair sollte man nicht versäumen. Weitere Gelegenheit dazu besteht am Freitag/Samstag, 18./19. Mai, 20 Uhr. Und am Sonntag, 20. Mai, 16 Uhr.
BT 15.05.2001